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Trinkgeld auf Kreuzfahrtschiffen...

Verfasst: 12.12.2017, 09:45
von Marion
Vielleicht für die Kreuzfahrer interessant:

http://www.spiegel.de/reise/aktuell/kre ... 82796.html

Eine automatische Abbuchung des Trinkgeldes vom Bordkonto des Passagiers durch den Kreuzfahrtanbieter ist laut Gerichtsurteil ohne ausdrückliche Erlaubnis unzulässig.

Re: Trinkgeld auf Kreuzfahrtschiffen...

Verfasst: 12.12.2017, 10:14
von gila
Es wundert nicht, dass Reedereien zunehmend das Trinkgeld zwangsweise inkludieren für bestimmte Nationen, wie den DACH-Raum, Frankreich, Australien.... und damit die Möglichkeit an Bord zu zahlen oder zu reduzieren ausschließen.

Im Prinzip ist das System von Kreuzfahrt-Trinkgeldern das gleiche wie in amerikanischen Restaurants. Die Angestellten bekommen (fast) nichts bezahlt, das Gehalt bezahlen die Gäste durch "Trinkgelder", die eigentlich Serviceentgelte sind.
Das soll in dieser harten Branche für eine gewisse Motivation sorgen...

Wer nun aus Geiz ist Geil - Mentalität das Trinkgeld reduziert oder streicht schadet in Wirklichkeit nur einem: Dem hart arbeitenden, unterbezahlten Angestellten, der sich nicht dagegen wehren kann. Der Reederei ist fein raus, die interessieren sich nicht weiter dafür.

"unsere" europäische Denkweise sagt dabei sofort: Na dann müssen die Firmen einfach ein richtiges Gehalt zahlen und das durch höhere Reisepreise finanzieren. Die Schiffe mit deutschem Publikum TUI und AIDA machen das so.
Aber international vermarktete Schiffe stehen in anderer Konkurrenz. Der internationale Kreuzfahrer ist das gewöhnt und vergleicht die Preise, da würden die mit den Inklusive-Tips immer verlieren...
Und auf solchen Schiffen ist das Trinkgeld tatsächlich eine Motivation für einige Mitarbeiter. Kellner in den Restaurants bekommen nicht nur die automatischen Trinkgelder sondern noch mehr falls der Gast zufrieden ist und für jedes verkaufte Getränk auch noch. Das führt dazu, dass du ständig wirklich guten Service hast und nicht wie zB bei AIDA, wo die unterbezahlten und schlecht ausgebildeten Kellner nur die Teller in den Buffetrestaurants wegräumen.
So kann ein wirklich erfolgreicher Kellner auf einem amerikanischen Schiff schon mal auf 4000 USD pro Monat kommen (für eine rund 100-Stunden-Woche...) und der "Abräumer" auf ein paar Hunderter...

Es steht außer Frage, dass man bei schlechtem Service die Chance haben muss, sich zu beschweren und das Trinkgeld zu reduzieren.
Aber so wie sich manche Urlauber in diversen Foren auch noch rühmen, dass sie sogar Beschwerden erfinden um sich auch noch die 10 Dollar zu sparen, ist einfach ein schweinisches Benehmen und menschlich nicht zu verstehen in meinen Augen. Denn man schadetet nicht der Firma sondern nur demjenigen, der sich rund um die Uhr bemüht, ihm einen schönen Urlaub zu machen.

Re: Trinkgeld auf Kreuzfahrtschiffen...

Verfasst: 13.12.2017, 10:42
von Marion
Gila, ich hab's nur als Info gepostet ;)

Re: Trinkgeld auf Kreuzfahrtschiffen...

Verfasst: 13.12.2017, 13:47
von gila
Das weiß ich - jedoch sind hier auch viele kreuzfahrt-unerfahrene User und der Artikel erklärt gar nicht, was das System eigentlich ist.
Da bucht man um 499 EUR eine schöne Woche und ist dann überrascht, dass man plötzlich 70 EUR mehr bezahlen muss. Fragt sich, was die Frechheit soll und geht im schlimmsten Fall sogar zu Gericht. Ein schöner Urlaub? Nein, eher nicht ;-)
Die europäischen Gesetze haben die Anbieter wenigstens schon gezwungen, diese Zusatzkosten im Angebot (wenn auch im Kleingedruckten) auszuweisen - wenn sie in Europa inserieren...

(Bei unserer ersten Schiffsreise wussten wir das vorher nicht und es wurde auch nichts abgebucht - allerdings erwartet... Wir haben dann unser Taschengeld für die 2. Urlaubswoche in die Trinkgeldbox geworfen und sind in der 2. Woche nicht mehr aus dem Club raus sondern haben das All-In ausgenutzt ;-) War blöd, aber wir wussten das vorher nicht, sonst hätten wir mehr eingeplant...)

Re: Trinkgeld auf Kreuzfahrtschiffen...

Verfasst: 14.12.2017, 10:07
von Marion
Das sind halt auch Mentalitätsunterschiede. Amerikaner beispielsweise sind es gewöhnt, es nie mit "Endpreisen" zu tun zu haben. Ob beim Shopping oder im Restaurant, die endgültige Rechnung ist 25-30% höher. Das kennen die Deutschen nicht. Im Restaurant ist es so etwas wie Gottesgüte, wenn mehr als aufgerundet wird. ;)

Du kennst mich, ich gebe gern und großzügig Tip. Auf der anderen Seite finde ich ein System, das hunderte Menschen aus armen Ländern zu Hungerlöhnen beschäftigt, deren Einkommen mit erzwungenen Tips bezahlt werden, nicht so prickelnd. Wir gucken immer mal wieder "Verrückt nach Meer" und finden die Serie auch ganz toll. Aber man sieht da schon, was es gerade für die, die man nie sieht, für eine elende Schufterei ist. Und ich frage mich auch immer, ob der pauschal abgebuchte Tip z. B. gerade auch diesen Leuten zugute kommt.

Ich mag dieses "System" auch in den USA nicht. Aber wie dort auch, würde ich mich auf einem Schiff anpassen.
Bei unserer ersten Schiffsreise wussten wir das vorher nicht und es wurde auch nichts abgebucht - allerdings erwartet... Wir haben dann unser Taschengeld für die 2. Urlaubswoche in die Trinkgeldbox geworfen und sind in der 2. Woche nicht mehr aus dem Club raus sondern haben das All-In ausgenutzt ;-) War blöd, aber wir wussten das vorher nicht, sonst hätten wir mehr eingeplant...
Den Absatz verstehe ich nicht. Ich dachte, das wird automatisch abgebucht? Und was heißt "nicht mehr aus dem Club raus"? Verzeih mir die Fragen, aber ich bin kein Kreuzfahrer und hab' echt keine Ahnung.

Re: Trinkgeld auf Kreuzfahrtschiffen...

Verfasst: 14.12.2017, 11:29
von gila
Ja, das System ist genauso grauenhaft wie zB asiatische T-Shirt Produktion für Europa...
Die Menschen (vor allem die unterhalb der Passagierbereiche) werden ja durch unsere Systeme gezwungen ... die gehen aufs Schiff arbeiten, da hier - im Verhältnis zu ihren Heimatländern - die Löhne hoch sind und der Job sicher. Es ist wohl besser, in der Wäscherei eines Schiffes 14 Stunden täglich zu schwitzen für 500 Dollar als zuhause für 1 Dollar pro Tag irgendwas anderes zu machen. Andererseits: So ist die Globalisierung und wenn die Leute nicht am Schiff arbeiten würden, würden sie in einem Hotel in einem fremden Land arbeiten oder auf Baustellen oder zuhause ausgebeutet werden für westliche Industrieunternehmen. Wie auch immer man diesen Würfel dreht, jede Seite ist grauslich.

Andererseits gibt es auch viele positive Beispiele, das Familienmitglied, das am Schiff arbeitet, versorgt die Familie zuhause sehr gut und einige sparen sich in den Schiffsjahren so viel an, dass sie dann zuhause ein Geschäft, eine Werkstatt usw. eröffnen können.

Und nicht aus Zufall gibt es so viele asiatische Angestellte in den schlecht-bezahlten Schiffsbereichen, in deren Kultur fällt es leichter, auf engem Raum zusammenzuleben, immer fröhlich auszusehen nach außen hin.... viele europäische/amerikanische Angestellte halten das gar nicht durch und kündigen früh.
Das ist so ein "witziger" Teil der gesetzlichen Regelungen: Wenn man in den USA eine Kreuzfahrt anbietet, die nur USA-Häfen ansteuert, dann muss ein großer Prozentsatz des Personals an Bord amerikanisch sein. Von diesen ist natürlich eher weniger vorhanden bei diesen Konditionen...
Nun gibt es wenige Hawaii-Kreuzfahrten (also nur USA!) und diese werden in allen Foren als sehr schlecht im Service beurteilt! Da hier die Überzahl der professionellen, effizienten und anspruchslosen Asiaten fehlt! Dann weiß man wieder, warum man auf allen anderen Routen einen Tag in Mexiko, Bahamas.... mit drin hat ;-)

Wie die Trinkgelder verteilt werden, geben die meisten Kreuzfahrtlinien nicht preis, es heißt, dass auch das Personal "hinter den Kulissen" davon profitiert.
Bei Disney Cruise Line ist es transparent, da tippe ich folgende Personen: Oberkellner (1 USD/Tag), Hauptkellner 4 USD/Tag, Hilfskellner 3 USD/Tag und Kabinensteward 4 USD/Tag.
Allerdings zahle ich auch hier pro Getränk auch noch 15% Tip automatisch, an wen das dann geht, ist auch nicht bekannt.

Ich mag das System auch nicht, aber ich sehe auch keine Lösung. Für mich halte ich es genauso wie in anderen Urlauben - wenn der Service sehr gut ist, dann bekommt der Angestellte auch mehr Tip als verlangt.

Sorry wegen dem Absatz, das war unverständlich ;-)
Die 1. Urlaubswoche war damals eine Reise auf einem Segelschiff, die 2. Urlaubswoche war ein All-In Club.
Nachdem dann unser Bargeld für das unerwartete Trinkgeld draufging, hatten wir in der 2. Woche nichts mehr für Ausflüge etc. Kreditkarte hatten wir damals noch keine...das waren noch Zeiten als man mit dem Geld auskommen musste, das man bar mitgebracht hatte...

Re: Trinkgeld auf Kreuzfahrtschiffen...

Verfasst: 14.12.2017, 11:54
von Marion
Danke für deine interessanten Erläuterungen :kuss2:

Re: Trinkgeld auf Kreuzfahrtschiffen...

Verfasst: 14.12.2017, 12:00
von gila
Gerne!