First time NY: Englisch lernen in Brooklyn (Sep/Okt 2014)

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arielleNeuwied
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Re: First time NY: Englisch lernen in Brooklyn (Sep/Okt 2014

Beitrag von arielleNeuwied »

Sehr anschaulich, lehrreich und kurzweilig geschrieben 8)
Freue mich schon auf die Fortsetzung.
Radoteur
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Re: First time NY: Englisch lernen in Brooklyn (Sep/Okt 2014

Beitrag von Radoteur »

Regen
Tagebucheintrag: Samstag, 04.10.2014

Wochenende. Nach einem bezaubernd sonnigen und wolkenfreien Freitag startet der Samstag mit: Strömendem Regen. Nun gut, also gehts heute etwas langsamer zur Sache, vielleicht hört's im Lauf des Tages auf, aber für heute steht ohnehin das Brooklyn Museum auf dem Programm: jeden 1. Samstag im Monat mit besonders langen Öffnungszeiten (bis 23.00) und einem vielfältigen Kulturprogramm. Das startet aber erst am Nachmittag, insofern ist es überhaupt nicht eilig, dorthin zu kommen.

Gestern hingegen startete der Tag mit Händeschütteln: Am Eingang zu "meiner" Subwaystation in Bay Ridge 95th Street erwischte mich der New Yorker Wahlkampf. James Kemmerer, Demokratischer Kandidat für den New-York-State-Senate (sowas wie der Landtag von NY), verteilte Flyer und schüttelte allen Vorbeieilenden die Hände. Er kommt aus Bay Ridge und hofft anscheinend, hier besonders durch persönliche Nähe punkten zu können. Warum man am 4. November nun ausgerechnet ihn wählen soll? Mehr Polizei und mehr höhere Schulen in Brooklyn. Soso.
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Der extrem sonnige Tag bot sich an, mal ein Bild vom Schulgebäude von außen zu machen. Von dem Doppelgebäude ist es das höhere, rechte. Es hat 36 Etagen, die BSL ist in der 34.. Und im Aufzug gibt es einen kleinen Bildschirm über den aktuelle News flimmern, meist Börsenthemen und Wetter (allerdings habe ich noch nicht gelernt, wie man 69* Fahrenheit übersetzt). In der Schule war der Freitag fast wie immer, außer dass die abgehenden students mit ein paar freundlichen Worten und Applaus ihre Zertifikate bekamen und die Nachmittagseinheit freitags nicht stattfindet.

So war also Zeit genug, um in die Lower East Side zu fahren und das Tenement-Museum zu besuchen, dort habe ich an zwei Führungen teilgenommen, eine ging quer durch das Viertel, eine andere führte durch ein Original-Tenement-haus von 1863, teils im vorgefundenen Zustand belassen, teils sind Wohnungen zeitgerecht nachgestellt worden zur Besichtigung, aber in den Originalräumen. Tenements bezeichnet ungefähr sowas wie Mietskasernen und das Haus, in dem das Museum ist, gehört zur ersten Generation dieser Tenements, die etwa ab den 1850ern gebaut wurden, und vornehmlich den rapide anwachsenden Immigrationsbewegungen als Wohnquartier dienten.
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Im Haus darf leider nicht fotografiert werden, es gibt aber Eindrücke auf der Website vom Museum. Die Lower Eastside war einstmals voll von diesen Tenements, in denen zuerst deutsche und irische, später zunehmend italienische und jüdische Immigrant/innen lebten. Zur Jahrhundertwende wurde die Lower East Side immer mehr ein Armenquartier, die Bevölkerungsdichte stieg extrem an. Wer immer es sich leisten konnte, zog weg. Jahrzehntelang hatte die Gegend einen Ruf als Hochburg der Kriminalität und als Ort extrem schlechter Lebensbedingungen. Seit Anfang der 1990er ändert sich nun alles. Hier läuft in rasanter Form das ab, was wir als Gentrifizierung kennen, mit all ihren Begleiterscheinungen. Eine Wohnung mit 2ZKB und etwa 40qm Wohnfläche kostet heute um die 3.000$ Miete. Ein paar Bilder vom Viertel im schönsten Sonnenschein gibt's aber noch.
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Radoteur
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Re: First time NY: Englisch lernen in Brooklyn (Sep/Okt 2014

Beitrag von Radoteur »

Begegnen und Segnen
Tagebucheintrag: Sonntag, 05.10.2014

Nun, den Propheten, der an diesem Wochenende sprechen sollte (siehe Eintrag vom Donnerstag), habe ich nicht getroffen. Ich war aber auch nicht am Washington Square. Vielleicht hatte aber der Prophet seinen Anteil daran, dass der strömende tropische Regen (wirklich: stundenlang Regen wie aus Eimern, bei über 20 Grad) am Samstag Mittag aufhörte und ziemlich abrupt einem blauen Himmel (mit heftigem Wind und krasser Abkühlung) Platz machte.
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Mich führte der Weg derweil zuerst nach Chelsea, in eine Ausstellung mit ziemlich eindrucksvollen, erschreckenden und traurigen Fotographien aus Syrien und der Ukraine, die von einem internationalen Team von Presseleuten, die dort unterwegs waren, zusammengestellt wurde. Die Ausstellung war wohl auch schon in Berlin zu sehen. Sehr gut gemachte Fotos, allerdings in der Zusammenstellung etwas einseitig. Die Bilder stellen meist Opfer von oder zerstörte Schulen, Häuser etc. nach Angriffen und Überfällen der syrischen Opposition bzw. der Maidan-Bewegung dar. Dass es diese gibt, wissen wir ja nicht erst durch IS oder durch den Rechten Sektor. Dennoch: die Grausamkeiten der Gegenseite spielen so gut wie keine Rolle. Das ist sicher ein Manko der ansonsten berührenden Ausstellung.
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Ausstellungsexponat: Zerstörter Kleinbus eines Selbstmordattentäters

Mein eigentliches Ziel an diesem Samstag war aber das Brooklyn Museum. Da gibts am ersten Samstag im Monat nicht nur ab 5p.m. freien Eintritt, sondern auch allerlei kulturelle Rahmenangebote (Filmvorführungen, Diskussionen, Musik von BigBand-Jazz bis Salsa) bei Öffnungszeiten bis 23 Uhr.
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Das ließ sich also gut für eine Beischtigung diverser Ausstellungen in diesem Haus nutzen. Es ist in der Tat ein Sammelsurium verschiedenster ständiger und wechselnder Ausstellungen - mit sehr unterschiedlicher Qualität. Es lohnen sich zweifellos nicht alle, aber der Schnelldurchlauf durch die Entwicklung der US-amerikanischen Malerei war jedenfalls informativ. Zur aktuellen Ausstellung über die Geschichte von vier Jahrhunderten High Heels kann ich nichts sagen. Da war mir die Warteschlange zu lang.

Kommen wir zu den Begegnungen: Beim Verlassen des Museums war draußen jede Menge Trubel. Zwischendrin wurden Flugblätter verteilt und Agitation betrieben. Nun weiß ich, dass es in den USA eine revolutionäre kommunistische Partei gibt, die nichts mit Trotzki und der 4. Internationale oder Mao zu tun hat, sondern nach neuen Wegen eines revolutionären Marxismus sucht. Und alles weitere könne ich in der parteieigenen Zeitung lesen, die er (der Propagandist) mir gern verkaufe. Oder ich könne auch im November zu einer spannenden Veranstaltung kommen. Wenn ich da nicht mehr in NY sei, könne ich sie per Livestream verfolgen. Eine nützliche Information war freilich die auf dem Flyer abgedruckte Adresse eine politischen Buchladens im Village. Sollte ich den mal besuchen, werde ich hier berichten.

Nach dem Wahlkampfintermezzo vom Freitag war das also die zweite Begegnung, die dritte folgte am Sonntag. Beim Umsteigen in der Subway gab es kein Entkommen. Eine große Gruppe irgendwelcher Christinnen und Christen hatte sich singend versammelt und blockierte damit den halben Durchgang, die andere Hälfte wurde gut abgedeckt durch missionierende Gruppenmitglieder, die (mehr oder weniger) alle Vorbeieilenden ansprachen. Auf meine abwehrende Geste - bei gleichzeitig beschleunigtem Schritt - reagierte der Missionar, in dem er für Sekundenbruchteile seine Hand auf meine Schulter legte, begleitet von den Worten: "You are a good guy!"
Ich nehme es mal als Segen.

Jedenfalls hat es einen sehr schönen (wenn auch erstmals kühlen) Tag, den ich im sehr künstlerisch geprägten, mittlerweile aber stark kommerzialisierten Viertel Williamsburg verbrachte, nicht verhindert. Die Reste der einst stark polnischen Prägung von Williamsburg sind noch erkennbar, ansonsten gibt es hier reichlich Graffitti und andere Street Art, aber stark zugeschnitten auf den touristischen Bedarf und oft eingesetzt als reines Werbeinstrument für ansässige Shops, Clubs und Restaurants. Verlassen habe ich Williamsburg mit einem Gang über die Williamsburg_Bridge, die nach Manhattan in die Lower East Side führt. Sie ist nicht so schön wie die Brooklyn Bridge, bietet auch nicht ganz so spektakuläre Aussichten. Dafür ist sie länger und wird auch von Subway-Zügen befahren, die man also aus nächster Nähe bei Tageslicht beobachten kann.
Alle folgenden Bilder stammen aus Williamsburg und der Brücke.
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Radoteur
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Re: First time NY: Englisch lernen in Brooklyn (Sep/Okt 2014

Beitrag von Radoteur »

Unendlich viele Motive: Deshalb noch ein paar Pictures aus Williamsburg...
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Hannemie
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Re: First time NY: Englisch lernen in Brooklyn (Sep/Okt 2014

Beitrag von Hannemie »

:daumen1: Toller Bericht und Tolle Bilder. Vielen Dank, kann gerne noch sehr viel weiter gehen....... :lol:
Radoteur
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Re: First time NY: Englisch lernen in Brooklyn (Sep/Okt 2014

Beitrag von Radoteur »

Gipfel
Tagebucheintrag: Dienstag, 07.10.2014

Der Schulalltag ist zurück. Allerdings ein bisschen anders als letzte Woche, weil deutlich mehr neue Leute am Montag angefangen haben. Schon witzig nach einer Woche als alter Hase die neuen Erstis zu beobachten, wie sie fragend herumirren. Der Altersschnitt scheint diesmal etwas niedriger zu sein. Im Ergebnis ist's - weil voller - etwas unruhiger und anstrengender geworden, letzte Woche war's irgendwie familiärer.
Teacher Cory macht aber auch mit 9 Leuten einen wirklich guten Job.
Das Thema der Woche in der nachmittäglichen enrichment class ist diesmal "fashion". Genau das richtige für mich :-)
Aber gut, das neue Vokabular ist ja auch beim Einkaufen (2x Levis 501 für insgesamt 102$) durchaus hilfreich, auch wenn meine Shoppingbedürfnisse damit eigentlich schon erledigt sind. Für die jungen (weiblichen) Modefans aus Milano und Blumenau (Brasilien) ist das aber sicher anders.

Mein Montagnachmittag war dem Versuch gewidmet, die "Neue Galerie" für deutsche und österreichische Kunst zu besuchen, dort gab's aber nur einen Raum mit (allerdings eindrucksvollen) Bildern von Gustav Klimt zu sehen, der Rest des Museums ist gerade in Vorbereitung einer großen Egon Schiele- Ausstellung geschlossen. Die wird in ein paar Tagen eröffnet, mal sehen. Durch den kurzen Ausstellungsbesuch bleib nun noch reichlich Zeit für die Erkundung eines Teils des Central Parks. Der Weg führte mich diesmal zu den Strawberry Fields, unmittelbar am Dakota-Building, wo John Lennon seine letzten Lebensjahre verbrachte und wo er auch 1980 ermordet wurde. An dieser Stelle ist eine Gedenktafel, um die herum eine ganze Reihe Leute saßen und standen, und - wie kann es anders sein - jemand Gitarre spielte. "Imagine". Natürlich.
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Ein paar Subwaystationen weiter (inzwischen fange ich auch an, das System mit den "local" und "Express" Trains zu verstehen und auch die durchaus etwas verwirrenden Linienführungen der Subway - es ist bisweilen sinnvoll, zwischendrin umzusteigen, weil man u.U. erheblich schneller ans Ziel kommt, auch wenn man ohne Umsteigen zur selben Station käme) wanderte ich diesmal ein paar Blocks durch das East Village, (mal wieder) ein sehr schönes Viertel, hier scheint auch sowas wie eine PunkRockszene aktiv zu sein, jedenfalls deuteten einige Kneipen darauf hin. Meine kulinarische Erfahrungssammlung erweiterte sich hier um ein wirklich gutes ukrainisches Lokal (Veselka), mit sehr empfehlenswerten Piroggen (allerdings nach amerikanischer Sitte fritiert) und vergleichsweise günstigem polnischen Bier.
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A pro pos Bier: Während ich diese Zeilen schreibe, sitze ich "zu Hause" im Basement (=Keller) vor dem Waschmaschinenraum und warte auf meine Wäsche. Dabei gönne ich mir ein "czech Style" Pilsner aus der Brooklyn Brewery, und siehe da: das erste US-Bier, das mir wirklich gefällt. Allerdings braut die Brooklyn Brewery extrem viele Sorten Bier (auch z.B. irgendwas mit Erdbeeraroma oder so) und das Pils habe ich heute zum ersten Mal gefunden.
Dies war am Ende meines heutigen Freizeitprogramms, das mich erst zum Museum der Geschichte der Stadt New York führte, mit einem äußerst informativen Teil über 400 Jahre politischem und sozialen Aktivismus in der Stadt. Wie viele andere Museen, etwa auch die Neue Galerie, wo ich gestern war oder das Jewish Museum liegt dieses auch an der Museumsmeile, der 5th Avenue, direkt am östlichen Rand des Central Parks, aber ziemlich weit nördlich. Für mich also die Gelegenheit, anschließend um den Park nördlich herum durch Harlem zu spazieren.
Hier eröffnen sich wieder andere New Yorker Perpektiven - durchaus ein Kontrast zu der nur wenige Blocks entfernten Museumsmeile, in deren Bereich Manhattans teuerste Wohnlagen sind. In Harlem gibts sichtbar weniger Reiche und weniger Weiße, dafür aber afrikanisch geprägte Restaurants und Shops, die ich bisher kaum gesehen habe.
Und wieder ein paar Blocks weiter nach Westen: Ein Berg. Ja, plötzlich tut sich in einer kleinen Parkanlage ein echter Anstieg auf, mit echten Felsflanken und auch richtig hoch, vielleicht 50/60 Meter oder so. Jedenfalls hoch genug, um von oben deutlich über die umgebenden, meist 6-7geschossigen Häuserblocks hinwegschauen zu können. Oben wirds wieder flach und plötzlich laufen haufenweise junge, meist weiße Leute herum. Kein Wunder, hier beginnt der Campus der Columbia-Universität.
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Ein paar Ecken weiter: Tom's Diner, Drehort amerikanischer TV-Serien und vor vielen Jahren zu Berühmtheit gelangt durch einen Song von Susan (oder Suzanne) Vega. Da mein Bauch mitteilt, dass es Zeit zum Abendessen sein könnte, nutze ich die Gelegenheit, mal "typisch amerikanisch" zu essen. Die Tische und dazugehörigen Sitzbänke haben etwas von einem Bus oder Zug, Atmosphäre und Essen liegen irgendwo zwischen Fast-food und Restaurant. Nicht schlecht, aber auch nichts besonderes. Ohne Alkoholausschank übrigens. Ist also genau der Tag für das Bier zuhause. Das ist jetzt leer. Die Wäsche aber auch in 4 Minuten fertig. Gute Nacht also.
Radoteur
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Re: First time NY: Englisch lernen in Brooklyn (Sep/Okt 2014

Beitrag von Radoteur »

Tagebucheintrag: Samstag, 11.10.2014

Erstmal noch ein paar Bilder aus dieser Woche, u.a. von der Fahrt mit der Fähre nach Staten Island und zurück:
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Zuletzt geändert von Radoteur am 07.08.2015, 16:18, insgesamt 1-mal geändert.
Radoteur
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Re: First time NY: Englisch lernen in Brooklyn (Sep/Okt 2014

Beitrag von Radoteur »

Nightlife
Tagebucheintrag: Samstag, 11.10.2014

In den letzten Tagen gab's hier wenig neues zu lesen. Das liegt daran, dass ich langsam die Optionen der abendlichen Freizeitgestaltung entdecke. Dadurch bleibt weniger Zeit zum Schreiben übrig. Ein Kneipenabend in Brooklyn Heights mit ein paar Leuten aus der Schule ist auch eine gute Gelegenheit zu entdecken, dass es in NY auch in einer stinknormalen Kneipe extrem laut ist (wobei die Musik natürlich schlimmer sein könnte als von The Clash), und dass sich allmählich das belgische Stella Artois zu meinem hier bevorzugten Bier entwickelt. (Obwohl ich inzwischen auch ein paar US-Biere getestet hab, die unter "Pilsner" laufen - meist haben sie aber nur entfernt Ähnlichkeit damit).
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Der Freitag begann dann mit dem nun schon gewohnten Abschluss der Schulwoche und führte dann - nach einem Spaziergang durch Midtown mit einem Abstecher in die architektonisch sehr prächtige New Yorker Bibliothek - in das berühmte MoMa, das Museum_of_Modern_Art. Am Freitag nachmittag war es dort - wenig überraschend - brechend voll. Es ist die Zeit mit freiem Eintritt und bei üblicherweise 25$ führt das selbstredend zu langen Schlangen. Der Moma-Besuch mit Guide war ein Angebot der BSL, an dem auch einige Leute teilnahmen, aber wir verloren uns dann doch recht schnell aus den Augen. Das MoMa bietet eine Menge bedeutender Gemälde von Picasso bis Warhol und hat auch sehenswerte Abteilungen zur Geschichte des modernen Designs oder der Fotografie. Auch lustige Computerspiele wie Pacman oder Tetris (im 1981er Original mit einfachster Strichgrafik) gibt es zu sehen - und sogar zu benutzen.
Im Großen und Ganzen wäre mir das MoMa aber sicher keine 25$ Eintritt wert, zu großen Teilen zeitgenössischer Kunst finde ich - jedenfalls bisher - einfach keinen Zugang.
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Dennoch machen vier Stunden MoMa ziemlich hungrig - also hieß es ab dem Ausgang: Augen auf und was zu Essen gesucht. Die Suche dauerte nicht lange, schon an der nächsten Hausecke ist eines dieser in Manhattan weit verbreiteten Food-Carts zu sehen. Zuerst schreckt mich die wahnsinnig lange Schlange ab. Aber warum stehen sooo viele Leute ausgerechnet hier an? Wo es doch -zig Alternativen gäbe. Ohne lange Wartezeiten. Vielleicht ist es was ganz besonderes? Hilft nur: selber ausprobieren. Also flugs eingereiht und auf das Angebot der Halal Guys gewartet. Und trotz des zwischenzeitlichen Schichtwechsels geht's recht flugs bei den Guys. Und in der Tat: Chicken & Rice in bester Qualität für 7$. Die Portion ist so reichlich, dass mir die Hälfte davon noch für den folgenden Mittag reicht.

Das gestrige Highlight kam für mich freilich erst am Abend: Punk + Rock mit Miriam, Upset und The Muffs im Bell House in Brooklyn. Das Konzert war Teil des CBGB Music- und Filmfestivals, das an diesem Wochenende in -zig Locations in der ganzen Stadt stattfindet. CBGB werden manche (noch) kennen: es war ein legendärer Club in New York, der als eine der Keimzellen des Punk gilt, für die Ramones und viele andere fing hier sozusagen alles an. Seit 2006 gibts das CBGB nicht mehr, aber dafür die Nostalgie.

In diesem Rahmen führte mich also der Weg gestern ins Bell House, das ich mit Hilfe eines freundlichen Getränkehändlers - erst hatte ich 7th Avenue und 7th Street durcheinandergebracht - dann auch fand. Es ist in einem düsteren alten Hafen- und Industriegebiet in ehemaligen Lagerhaus und wird seit 2008 kulturell genutzt, besteht praktisch aus zwei Räumen, einem kneipenartigen Vorderraum, der aber auch für kleinere Konzerte o.ä. genutzt werden kann und einem größeren Saal mit geräumiger Bühne und extra Bar. Der Saal ist etwa wie ein Mittelgroßer Club und war gestern mit vielleicht 300 Leuten gut gefüllt, aber nicht brechend voll. Und (wie so oft in NY) gibts eine leistungsstarke Lüftungsanlage. Einziges Manko: permanenter Chlorgeruch in weiten Teilen des Raums (aus den Toiletten...), ist aber auch oft so hier, erinnert immer wieder an Schwimmbäder.
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Und das Konzert selbst: äußerst gelungen, ich hatte wirklich eine Menge Spaß. Die Bands - und zwar alle drei - hatten extrem gute Laune, haben viel mit dem Publikum gescherzt und gesmalltalkt (davon hab ich freilich nicht allzuviel verstanden) und hatten sichtlich Freude an ihrem Tun. Das ist immer schon eine gute Basis für einen amüsanten Abend.
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Die Lokalheld(inn)en von Miriam eröffneten mit einem punkinspirierten Bluesrock, dass Sängerin Miriam nicht immer recht die Töne traf, tat der Freude des (zu diesem Zeitpunkt allerdings noch nicht so zahlreichen) Publikums keinen Abbruch. Gute Unterhaltung boten dann auch die 4 Ladies von Upset aus L.A. mit ihrem schnellen kompromisslosen und gut hörbaren Punkrock. Drummerin Patty bringt immerhin die Referenz von langen Jahren bei Courtney Loves Band Hole mit. Und schließlich die einzige Band, die ich vorher kannte: The Muffs, die ebenfalls aus Kalifornien kommen. Schon mit dem Einstieg "Lucky Guy", einem ihrer Szenehits hatten sie das Publikum (das im übrigen sehr altersgemischt war und zu einem beträchtlichen Teil aus der 50+ Generation, fast ausschließlich weiße Mittelschicht, kam) gewonnen und die Stimmung zum Kochen gebracht, und pogende 50jährige seh ich auch nicht alle Tage. Auffallend im übrigen: drei Bands an einem Abend und auf der Bühne stehen mehrheitlich Frauen - das gibts in dieser Szene nicht so oft. In jedem Fall ein sehr lohnenswerter Abend in einer empfehlenswerten Location, für wirklich bescheidene 12$ Eintritt (dafür kostet das Bier immer ein kleines Vermögen).
Maleja
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Re: First time NY: Englisch lernen in Brooklyn (Sep/Okt 2014

Beitrag von Maleja »

Toller Bericht, lese immer gerne mit.
Radoteur
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Re: First time NY: Englisch lernen in Brooklyn (Sep/Okt 2014

Beitrag von Radoteur »

Kunst und Kultur
Tagebucheintrag: Sonntag, 12.10.2014

Das Wochenende stand wieder ganz im Zeichen kultureller Unternehmungen. Der schon wieder verregnete Samstag (diesmal aber auch richtig kühl, der erste wirklich kühle Tag seit ich in NY bin) - dem freilich auch wieder ein traumhaft schöner SONNtag folgte - war bestens geeignet, um einen weiteren Museumsbesuch hinzuzufügen. Diesmal war das Metropolitan Museum of Art an der Reihe: Es ist noch größer - aber auch inhaltlich viel umfassender - als das MoMa. Die viereinhalb Stunden waren unbedingt ein Erlebnis, aber der Versuch, möglichst alle Abteilungen zu besuchen, von vornherein zum Scheitern verurteilt. Zweifellos wäre besser gewesen, sich vorher kundig zu machen und dann auf einzelne Abteilungen zu beschränken, außerdem den Plan zu studieren. Mehrfach hab ich mich in dem Riesengebäude auch schlicht verlaufen. Das "Met" hat aber in der Tat auch Kunst von allen Kontinenten aus fast allen Epochen zu bieten, hinzu kommen noch diverse Spezialausstellungen. Wollte man es sich wirklich in Ruhe und gründlich anschauen, wären tägliche Besuche für ein oder zwei Wochen sicher nicht zuviel. So bleibt mir die namhafte europäische Malerei von Rubens bis Picasso in Erinnerung, auch ein Einblick in die Geschichte der US-amerikanischen Malerei seit der Kolonialzeit. Besonders aber beeindruckende chinesische Grafiken und Buchillustrationen aus dem 6. bis 12. Jahrhundert, und das mit erkennbar anderer Stilistik als sie später in Europa gepflegt wurde und zu Zeiten als Kunst in Europa kaum eine Rolle spielte. Völlig neu und sehr beeindruckend waren mir die gewaltigen Wandteppiche, die im frühen 16. Jahrhundert nach Entwürfen von Pieter_Coecke_van_Aelst gewebt wurden. Weder der Name noch seine Kunst war mir vorher schonmal begegnet.

Der wie erwähnt sonnige Sonntag bot sich selbstredend für outdoor Programme an. Zunächst führte mich mein Weg erstmals in den Stadtbezirk Queens, dort wollte ich in Long Island City Ausschau nach Relikten des Graffitti-Zentrums 5_Pointz halten. Und tatsächlich sind auch kaum mehr als ein paar Relikte zu finden. Der frühere Industriekomplex wird im Zuge der Gentrifizierung komplett abgerissen und neubebaut, so bleiben nur ein paar bemalte Reste auf Ruinen erkennbar - und bald sicher gar nichts mehr.
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Im Uferbereich von Long Island City - direkt vis-a-vis der UN-City in Manhattan - ist dieser Prozess bereits weit fortgeschritten. Hier ist erkennbar, wie dieser Teil von Queens wohl in ein paar Jahren komplett aussehen wird: Teure Appartment- und Bürohäuser aus Stahl, Beton und Glas.
Immerhin lassen aber die umliegenden Straßen die industrielle Vergangenheit New Yorks noch deutlich erahnen, sind einzelne Industrieanlagen, E-Werke u.ä. hier sogar noch in Funktion. Zudem wimmelt es hier vor Zentralen der Taxiunternehmen, der Weg nach Mid- und Uptown Manhattan ist aber von hier aus auch recht kurz, die Lage also günstig. Auch per Subway ist der Weg kurz: 1 Station und schon lassen sich die UN-City aus der Nähe bewundern und atemberaubende Blicke durch Manhattans Häusergebirge einfangen.
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Und am späten Nachmittag gabs Teil 2 der CBGB-Gedenkkonzerte. Auf dem Times Square (wo ich diesen hochgradig nervigen Platz eigentlich doch nicht mehr frequentieren wollte ;-) ). Kostenlos. Mit Devo, Robert_DeLong (den ich nicht kannte) und Jane's Addiction. Letztere waren freilich nicht so mein Fall. Musikalisch nicht wirklich und das Männerposing auf der Bühne war auch nervig, insfoern bin ich auch nicht bis zum Ende geblieben. Aber um Musikgeschichte in Form von Devo lebend und in Farbe auf der Bühne zu sehen - dafür hat sich's zweifellos gelohnt. Musikalisch hatte es fast was rührendes, die - damals ja unglaublich futuristischen - Sythesizerklänge von 1980 zu hören. Diesen Eindruck verstärkte auch noch die elektronische Musik auf dem 2014er High-Tech-Niveau von Robert DeLong, der ziemlich gekonnt elektronische Sounds mit live eingespieltem Schlagzeug mixte. Und große Verehrung für Devo bekundete - es sei "so amazing", tatsächlich mit Devo auf einer Bühne zu stehen, und das auf dem "fuckin' Times Square".
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Fazit: Interessantes Erlebnis, Devo live ist (immer noch) großes Kino, aber alles in allem und insbesondere atmosphärisch war der Freitag abend im Bell House doch um Längen besser.
Radoteur
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Re: First time NY: Englisch lernen in Brooklyn (Sep/Okt 2014

Beitrag von Radoteur »

Subway
Tagebucheintrag: Montag, 13.10.2014

Die Fahrten mit der Subway fanden ja schon immer wieder mal Erwähnung hier. Kein Wunder, nehmen sie doch einen großen Teil meiner Zeit hier in Anspruch - in der Summe sicher mehr als 50 Stunden. Das ist aber nicht nur vertane Zeit. Einerseits sind die Fahrten gut geeignet, um etwa die Hausaufgaben für die Schule zu machen oder die Tagesplanungen via Reiseführer und Stadtplan zu vervollkommnen. Und sie sind auch sowohl lehrreich als auch interessant - bieten sie doch andere Einblicke in die Vielfalt des New Yorker Lebens, lassen sich Leute auch mal einen Moment länger beobachten als nur im hektischen aneinandervorbeilaufen.
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Bemerkenswert sind dabei vor allem die kulturellen Begegnungen, etwa die zahlreichen Propagandisten aller möglichen Religionen, aber auch Merkwürdigkeiten: Warum etwa war der R-Train, den ich ja täglich mindestens 2x nutze, neulich so ungewöhnlich voll? Das konnte mir niemand erklären. Warum es heute so außergewöhnlich leer war, erfuhr ich hingegen hinterher. In den USA war heute Feiertag. Der Columbus-Day, wird hier in Erinnerung an dessen erste Landung in Amerika begangen. Im Zuge der Auseinandersetzung mit der Kolonialgeschichte steht der Feiertag in einer wachsenden kritischen öffentlichen Debatte, wird aber zumindest in New York noch begangen, insbesondere die Organisationen der italienischen ImmigrantInnen zelebrieren hier noch einen großen Umzug. Büros, Firmen und Geschäfte haben teils geschlossen. Deswegen gabs heute reichlich Platz in der U-Bahn.

Auch sonst erlebe ich die Bahn selten wirklich gestopft voll - kein Vergleich etwa mit London oder Moskau oder gar den bekannten Bildern aus Tokio. Dennoch ist es im Subwaynetz grundsätzlich immer überall eng, die Stationen sind sehr eng und unübersichtlich gebaut, das Zurechtfinden ist selbst mit Stadtplan schwer, die engen Treppen sind echte Nadelöhre und die Zugsystematik nicht immer nachvollziehbar. Informationspolitik zum Fahrplan ist undurchsichtig und nicht immer stimmig. Anzeigetafeln über die nächsten Züge gibts nur auf wenigen einzelnen Stationen. In der Regel macht das wenig aus, weil die Zugdichte doch recht hoch ist und wenn man irgendwann das System mit den "local Trains" (=Bummelzüge) und "Expresstrains" (die nur in größeren Abständen halten) und den verwirrenden Linienführungen (die dazu führen, dass es sinnvoll sein kann, mehrfach umzusteigen, obwohl man ohne Umsteigen an das gleiche Ziel käme - nur eben länger braucht) einigermaßen verstanden hat, kommt man auch recht gut voran. Außer nachts. Oder am Wochenende. Oder Feiertagen, wie heute. Kurzfristige Änderungen (die es oft gibt) werden gern mit kopierten Zetteln an die Säulen auf den Bahnsteigen geklebt. Das ist gut, dann weiß man, dass der R-Train nachts auf dem anderen Gleis fährt. Blöd nur, wenn man dann die Treppe hoch zum anderen Bahnsteig und wieder runtergelaufen ist - und dann sieht, dass der gewünschte Zug doch auf dem Gleis einfährt, von dem man gerade weggelaufen ist. Nur gut, dass nachts nur wenig Leute unterwegs sind, so dass man die Treppen im Laufschritt wieder zurücklaufen kann. Das wäre an einem normalen Vor- oder Nachmittag vollkommen unmöglich. Tröstlich immerhin, dass es nicht die Dusslichkeit des deutschen Touris war, wie die im New Yorker Dialekt vorgetragenen Schimpftiraden auf die "crazy Subway" der drei anderen Mitrennenden belegen.
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Kulturelle Liveerlebnisse bietet die Subway im übrigen auch. Da sind zum einen die auch in Deutschland nicht unbekannten Musikdarbietungen aller Art, zum andern aber wirklich beeindruckende artistische Breakdance-Kurzvorstellungen kleiner Teenager-Combos. Die laufen im allgemeinen nach dem gleichen Schema ab: vier-fünf Jungs entern den Waggon, der kleinste ruft: "What time is it?" und alle: "It's show-time!", dann wird der (heuzutage ziemlich kleine) Ghettobluster angeschmissen und die Tanzshow beginnt. Dabei werden die vorhandenen waage- und senkrechten Haltestangen für extrem akrobatische Übungen eingesetzt, wird auf den Händen gelaufen und ähnliches. Wer sich an Geräteturnen im Schulunterricht erinnert, weiß wieviel Kraft und Körperbeherrschung das erfordert, sich z.B. mit beiden Händen an einer senkrechten Stange zu halten und den Körper für 4-5 Sekunden gestreckt waagerecht in der Luft zu halten. Oder kopfüber nur mit den Füßen in der waagerechten Haltestange unter der Decke zu hängen und dabei noch Tanzbewegungen mit den Armen auszuführen. Und alles läuft mit abgestimmtem Timing. Die Show endet - natürlich mit animiertem Applaus - gerade rechtzeitig, bevor der Zug in die nächste Station einfährt und noch einer aus der Gruppe mit dem Hut zum Einsammeln von ein paar Dollars rumläuft. Sobald die Türen aufgehen, gehts raus und im nächsten Waggon von vorn. Die Jungs (ich hab jedenfalls bisher nur Jungs gesehen) wissen anscheinend auch genau, welcher Zug zu welcher Zeit sich dafür eignet. Es sind jedenfalls immer Züge, die gut gefüllt sind (damit auch ein paar Dollars rumkommen), aber Platz genug lassen, um eine Gasse für die Tanzeinlagen zu öffnen.

Technisch scheint die Infrastruktur erheblichen Investitionsbedarf zu haben, die Züge rütteln, kreischen und ruckeln, mitunter bremsen sie extrem abrupt, dann schleichen wie wieder im Schritttempo durch einen Tunnel oder bleiben auch mal ein paar Minuten ganz stehen. Wenn man keinen Sitzplatz hat, ist gutes (und zwar wirklich gutes) festhalten dringend empfohlen. Dafür haben manche Züge (die moderneren, die in den besseren Vierteln von Manhattan fahren) Klimaanlagen - (die bisweilen auch funktionieren) ist auch gut so, weil auf den Stationen durchaus auch mal saunaartige Temperaturen herrschen. Da kann man sich dann beim Treppenaufstieg (weil die Rolltreppen entweder nicht vorhanden, kaputt oder viel zu voll sind) wieder aufwärmen. Faszinierend im übrigen, dass es Stationen gibt, wo Bahnsteige parallel übereinander liegen, zum Umsteigen steigt man aus, geht die Treppe hinunter und steigt unten an der gleichen Stelle wieder ein.
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Bleibt noch die Frage der Sicherheit. Die scheint mir aber in erster Linie eine der Verkehrssicherheit zu sein, nicht zuletzt aufgrund der Enge auf den Bahnsteigen. Kriminalität ist derzeit wohl eher ein untergeordnetes Problem, jedenfalls nicht dramatischer als in großstädtischen Verkehrsmitteln im Allgemeinen.
Radoteur
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Re: First time NY: Englisch lernen in Brooklyn (Sep/Okt 2014

Beitrag von Radoteur »

Festland
Tagebucheintrag: Mittwoch, 15.10.2014

Eigentlich wollte ich nur das schöne Wetter und die klare Luft nutzen, um nach der Schule mal einen Blick auf die Skyline von der anderen Seite des Hudson-Rivers zu erhaschen. Und dabei ist es passiert: nach dem permanenten Inselhopping (Long Island mit Brooklyn, Manhattan, Staten Island) der letzten drei Wochen habe ich nun tatsächlich auch den Boden des amerikanischen Festlandes betreten.
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Die Fahrt mit der Fähre ging recht fix über den Hudson, der an dieser Stelle vielleicht doppelt so breit ist wie der Rhein bei Köln. Fährverbindungen gibt es reichlich, sowohl in Manhattan wie in New Jersey gibt es diverse Anlegestellen, ich habe mich für die kürzeste Verbindung entschieden und schwupps erreiche ich die Stadt Jersey City im Staat New Jersey. Soviel anders als in Manhattan sieht es hier kaum aus: Hochhäuser aus Stahl und Glas dominieren die Szenerie. Eine echte Stadt sieht anders aus. Es fehlt nämlich was - und das ist DER große Unterschied: Es ist viel Platz, nach dem ständigen Gedränge in Manhattan wirkt es hier fast wie ausgestorben. Und in der Tat sind - nachmittags gegen 3 - ziemlich wenig Leute unterwegs, aber es gibt einfach auch großzügig viel Platz. Und alles wirkt sehr clean und neu, ein bisschen erinnert es an den Bauboom in China. Alles scheint kaum älter als 10 Jahre zu sein. Der Blick auf die Skyline von Manhattan ist freilich wirklich atemberaubend, die Perspektiven sind nochmal andere als ich sie bisher genießen konnte. Und es ist alles ziemlich nah zu sehen. In diesem Uferbereich entstanden auch viele der bekannten Aufnahmen vom 11. September.
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Bewegt man sich ein paar Blocks vom Ufer weg, sind plötzlich Leute da und gigantische Parkplätze voller Autos - Einkaufszentren aller Art, großräumige Shoppingmalls und autobahnartige Straßen trennen die Hotel- und Bürotürme der Uferpromenade vom Hinterland. Erst dann - also vielleicht einen Kilometer vom Ufer entfernt - beginnt sowas wie echte Stadt, mit (durchaus auch älteren) Wohnhäusern, Cafes und Geschäften. Nun, irgendwo müssen die 250.000 Leute von Jersey City ja auch wohnen. Mein Weg führt zurück Richtung Ufer, um mich der nächsten Bahnstation zu nähern. Die liegt schon in der nächsten Stadt: Hoboken. Dass ich schon wieder in einer anderen Stadt bin, merke ich freilich erst am Bahnhof, ansonsten war der Übergang nicht zu bemerken, nicht mal ein Schild. Von hier bringt mich die Tunnelbahn zurück nach Manhattan und von dort geht's zum Abendprogramm.
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Mit einem franko-kanadischen Mitschüler aus Montreal bin ich zum Kino verabredet. Wir treffen uns am Pavilion im Stadtteil Park Slope in Brooklyn. Uns erwartet ein wunderhübsches Old-Style-Cinema mit geräumig platzierten Ledersesseln, auf denen man sogar die Beine hochlegen kann - wie ein Liegestuhl. Das war sehr angenehm, praktisch mussten wir es aber auch so machen, weil weder er noch ich verstanden haben, wie man die Sessel umstellen könnte, wenn man denn wollte. Gesehen haben wir The Judge, einen neuen US-Film über eine Vater-Sohn-Geschichte mit viel amerikanischer Provinzlandschaft und einer Menge Gerichtsszenen. Soweit haben wir auch kapiert, worum es geht. Beide haben wir uns hinterher darüber ausgetauscht, dass wir von den Dialogen (und es ist ein sehr dialoglastiger Film) quasi nichts wirklich verstanden haben. Auch eine Erfahrung in Sachen Sprachkenntnisse.
Unterhalten haben wir uns aber trotzdem gut, auch noch spätabends bei ein paar Bier im Biergarten. Dort fühlte es sich an wie im Hochsommer, ähnlich wie der heutige Tag, der aber mit einer unglaublich drückenden Schwüle nicht zu Unternehmungen einlud.
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