Erftstadt, 1. November - die Frisur sitzt...
Gegen Mittag machten wir uns auf, um unser Quartier im Gästehaus Lange zu beziehen, das außer uns für die Dauer der Feierlichkeiten ausschließlich von Amerikanern bewohnt werden würde.
Das Wetter in Deutschland war quasi bis vorgestern ganz wunderbar und schon bei der Anfahrt zeigte sich der Himmel von seiner sonderbaren Seite.
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Angekommen im Gästehaus Lange erwarteten uns nicht nur die freundliche Familie Lange, sondern auch im letzten verfügbaren Zimmer ein Care Paket von Sascha und Jackie. Hineingepackt waren viele leckere Sachen (wahrscheinlich um die amerikanischen Gäste an die Freuden deutscher Süßwaren heranzuführen) und ein herzlicher Gruß verbunden mit einem Dankeschön, dass wir den weiten Weg auf uns genommen haben (ok, UNSER Weg war jetzt nicht soooo weit, trotzdem haben wir uns wie Bolle gefreut).
So, nun flugs ausgepackt - die Amerikaner konnten wir noch nicht sehen, aber hören, da es eine typische US-Eigenschaft ist, das Auto erst einmal 10 Minuten lang warmlaufen zu lassen
Nach Rücksprache mit Langes bezügl. der Entfernung zum Hof Reinking (wo gefeiert wurden) hatten wir beschlossen, zu Fuß zu gehen, damit wir beide uns intensiv mit dem Jägermeister beschäftigen konnten. Gesagt, getan. Doch Döhren ist nicht nur ein Dorf mit 3-stelligen Telefon-Nummern, sondern auch ein Dorf ohne Bürgersteige. So hüpften wir zwischen Fahrbahn und Graben (huch, schon wieder ein Auto) Richtung Feierstätte und 10 Minuten später standen wir auch schon vor Sascha, Jackie, Porzellan und dem Festzelt. Die Begrüßung war herzlich, nach hemmungslosem Geknuddel machten wir uns auf, das Festzelt zu erkunden. Bald nach uns kamen dann auch Ariane, Beate und Lutz und zu unserer großen Überraschung auch Stefan, der bei unserem legendären Maikäfertreffen 2003 in New York dabei war und sich seitdem rar gemacht hatte.
Hier ein paar Polterabend-Impressionen...
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Es wurde also fröhlich getanzt, gegessen, getrunken und gequatscht - was man halt so macht, auf einem Polterabend. Es gab nur ein ganz kleines Problem und das waren die Temperaturen. In der Nacht davor hatte es lt. Familie Lange sogar ganz leicht geschneit und mit fortschreitender Dauer des Abends wurde es kälter und kälter.
Der Jägermeister (eiskalt aus Reagenzgläsern getrunken) verursachte Kälteverbrennungen und die Zehen waren nicht mehr spürbar. Die installierten Heizgebläse kamen dagegen nicht an, so dass Thomas und ich gegen 22.00 Uhr gingen, weil wir uns halb erfroren fühlten. Den Weg zurück ins Gästhaus legten wir (ohne Witz) laufend zurück, so kalt war uns... Es war ein schöner Abend, gegen das Wetter ist man ja leider machtlos.
Bremen, 2. November - die Sonne brennt
Für den Tag zwischen den beiden Ereignissen hatte Beate vorgeschlagen, etwas zusammen zu unternehmen, was wir auch gerne aufgriffen. Wir machten uns also nach dem Frühstück auf nach Delmenhorst und gestärkt nach heißem Kaffee und einem Blick ins Forum (alles ruhig!), wollten wir nach Bremen aufbrechen. Ariane (die bei Beate logierte) hatte beschlossen, ihre neuen todschicken Stiefel auszuführen, mit denen sie gefühlte 2,18 m groß war und ich hatte mich wegen Stadterkundung für flaches Schuhwerk entschieden und war gefühlte 32 cm groß. LOL. Ihr hättet dabei sein müssen...
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Wir hatten herrliches Wetter und Beate war eine wunderbare Stadtführerin. Irgendwann fing es an, etwas zu tröpfeln, was wir schamlos als Vorwand nutzten in einem kleinen charmanten Cafe einzukehren, um dort Marzipan-Amaretto-Irgendwas-Sahnetorte zu essen (nur ungefähr 8.000 Kalorien)
Abends wurden wir von Ariane köstlich mexikanisch bekocht und brachen gegen 21.00 Uhr auf (wir hatten noch fast zwei Stunden Fahrt vor uns), um am großen Tag auch ausgeschlafen zu sein.
Döhren, 3. November - der große Tag
Schon morgens summte und brummte es im Gästehaus Lange und es war nur deshalb ein Platz im Frühstücksraum zu bekommen, weil Jim & Darcy uns entschlossen ein Eckchen freiräumten.
Dass meine ganz persönliche Verfassung für den Tag eher "nah am Wasser" war, merkte ich nach einem Gespräch mit Tina (Saschas Schwester). Sie erzählte, dass gerade jemand Jackies beste Freundin vom Flughafen abholt. Jackie dachte die ganze Zeit, ihre Freundin könne nicht kommen und sie müsse auf sie verzichten. Ist das eine super Überraschung???
Und was tat ich?
Tom und ich beschlossen, noch einen kleinen Ausflug nach Bückeburg zu machen, um etwas Zeit totzuschlagen. Das war auch eine ziemlich gute Idee, denn das Wetter war (zumindest in Bückeburg) super-strahlend-klar und der Himmel blau - wenn es auch kalt war. Wir waren bester Laune und freuten uns auf die Hochzeit.
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Gegen Mittag fuhren wir zurück, um ja nichts der spannenden Vorbereitungen zu verpassen. Familie Lange hatte im Frühstücksraum einen kleinen Snack vorbereitet, um die Zeit bis zum Abendessen zu überbrücken (nicht, dass wir an diesem Tag nicht genug gegessen hätten...). Nachdem Tom und ich uns umgezogen hatten, bezogen wir Quartier im Frühstücksraum, von dem aus wir quasi Logenplätze hatten.
Einerseits war direkt an diesen Raum angeschlossen das Zimmer, in dem die Braut hergerichtet wurde und zweitens konnten wir den Hof überblicken, wo gegen 14.00 Uhr Fotos von Braut und Bräutigam gemacht werden sollten. Der Fotografin Shirin gefiel das rustikale Ambiente und sie hielt das für eine schöne Kulisse (wir übrigens auch).
Aus dem Ankleidezimmer ertönte fröhliches Schnattern und es herrschte aufgeregte Betriebsamkeit. Lockenstäbe und Make-up-Utensilien wurden hin- und hergetragen und auch im Hof ging langsam das Treiben los. Nach und nach zogen sich alle Amerikaner um, Sascha und seine Familie trafen ein und nun wurde es richtig festlich. Alle sahen einfach toll aus und hatten sehr viel Mühe und Geschick auf das Aussuchen ihrer Kleidung verwandt.
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Dann verscheuchte uns Shirin in aller Entschlossenheit vom Hof, wir durften uns hinter der Glastüre des Gästehauses postieren. Der Moment, in dem sich die Braut das erste Mal zeigte - dieser Moment sollte Jackie und Sascha allein gehören. Sascha stand mit dem Rücken zum Geschehen und dann trat sie aus der Tür... seine wunderschöne Frau. Er dreht sich um, sieht sie...
Und was tat ich?
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Während ich das hier schreibe, habe ich übrigens schon wieder Tränen in den Augen und unter den gefassten Westfalen war ich wohl die einzige Heulsuse. Aber ich bin Rheinländerin - wir sind Gefühlsmenschen!!! Jawoll. Anyway, was für ein grandioses Kleid... Leider sind unsere Bilder nicht so toll geworden, so dass ihr auf die offiziellen Fotos warten müsst. Das Kleid war mit weitem Abstand das schönste Brautkleid, das ich je gesehen habe. Elfenbeinfarben, das Oberteil als anliegende Korsage über und über mit Straß bedeckt, ein unglaublich toll gearbeiteter Rock. Es sah aus wie Wildseide (war es wahrscheinlich auch) - HAMMER! Sie sah einfach wunderschön aus.
Nach der Fotosession fuhren wir alle zur Kirche, wobei wir eine der amerikanischen Familien mitnahmen. Leichtsinnigerweise versprachen wir ihnen auch den Rücktransport von der Kirche zum Restaurant, wonach mir aber siedendheiß einfiel, dass wir Ariane und Beate ebenfalls versprochen hatten, sie zum Restaurant mitzunehmen.
Die kleine Kirche in Windheim ist ein echtes Schmuckstück und sie war sogar geheizt (die einzige heizbare Kirche, die ich kenne). Sehr gut gefallen hat mir auch der Einzug in die Kirche, insbesondere natürlich der Teil, in dem Jackie am Arm ihres Papas zum Altar schritt.
Und was tat ich?
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Jackie und Sascha haben sich das Schönste ausgesucht (meines Erachtens), was das neue Testament zum Thema Liebe bereithält und zwar den ersten Brief des Paulus an die Korinther (13. Kapitel).
Das Hohelied der Liebe
Wenn ich mit Menschen- und mit Engelzungen redete und hätte die Liebe nicht, so wäre ich ein tönendes Erz oder eine klingende Schelle. Und wenn ich prophetisch reden könnte und wüsste alle Geheimnisse und alle Erkenntnis und hätte allen Glauben, so dass ich Berge versetzen könnte, und hätte die Liebe nicht, so wäre ich nichts. Und wenn ich alle meine Habe den Armen gäbe und ließe meinen Leib verbrennen, und hätte die Liebe nicht, so wäre mir's nichts nütze.
Die Liebe ist langmütig und freundlich, die Liebe eifert nicht, die Liebe treibt nicht Mutwillen, sie bläht sich nicht auf, sie verhält sich nicht ungehörig, sie sucht nicht das Ihre, sie lässt sich nicht erbittern, sie rechnet das Böse nicht zu, sie freut sich nicht über die Ungerechtigkeit, sie freut sich aber an der Wahrheit; sie erträgt alles, sie glaubt alles, sie hofft alles, sie duldet alles.
Die Liebe hört niemals auf, wo doch das prophetische Reden aufhören wird und das Zungenreden aufhören wird und die Erkenntnis aufhören wird. Denn unser Wissen ist Stückwerk, und unser prophetisches Reden ist Stückwerk. Wenn aber kommen wird das Vollkommene, so wird das Stückwerk aufhören.
Als ich ein Kind war, da redete ich wie ein Kind und dachte wie ein Kind und war klug wie ein Kind; als ich aber ein Mann wurde, tat ich ab, was kindlich war. Wir sehen jetzt durch einen Spiegel ein dunkles Bild; dann aber von Angesicht zu Angesicht. Jetzt erkenne ich stückweise; dann aber werde ich erkennen, wie ich erkannt bin.
Nun aber bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; aber die Liebe ist die größte unter ihnen.
Die Trauung war sehr amerikanisch geprägt (was ich persönlich positiv fand). Der Pfarrer gab sich alle Mühe mit der zweisprachigen Trauung, sorgte zwischendurch aber für das ein oder andere liebevolle Lächeln auf den Gesichtern.
Alle Geschwister, Torsten und Jackies Vater lasen mit kräftigen Stimmen (bewundernswert, ich hatte die ganze Zeit einen Kloß im Hals) Texte vor und Jason (Jackies Bruder) trug ein selbstgeschriebenes Lied vor. Als ich davon zum ersten Mal hörte dachte ich ehrlich gesagt: "Ohhhjeee. Da trägt einer ein selbstgeschriebenes Lied vor." und hatte dabei Visionen von Phoebe, die bei Friends auch immer alle mit selbstkomponierten Liedgut erfreut... ABER, auweiah. DAS war richtig gut. Toller Text genau auf die beiden abgestimmt, wie sie sich kennengelernt haben, 85 times, das Guggenheim usw. Unheimlich schön und sooo romantisch.
Und was tat ich?
Nach der Zeremonie standen wir ja bei der amerikanischen Familie im Wort, sie ins Restaurant zu bringen. Großherzig schlug ich vor, mit Ariane und Beate zu warten, damit Tom uns in einer zweiten Fuhre abholen sollte. OK, es war kalt und es war dunkel und dann begann es zu regnen. Die Zeit verging (das Restaurant war 2,5 km entfernt), man begann langsam die Bürgersteige hochzuklappen und Ari, Bea und ich standen im Regen, 15 Minuten, 20 Minuten, 25 Minuten, 30 Minuten, 35 Minuten, 40 Minuten, 45 Minuten. Zwischendurch sank die gute Laune etwas in den Keller, aber dann kam Tom endlich um uns einzusammeln. Womit leider keiner gerechnet hatte war, dass der Autokorso durch Döhren fuhr, dort an jedem Haus hielt, Schnäpse verteilt, Fotos geschossen wurden usw. und er hing mit den Amerikanern mittendrin fest.
Wir kamen aber dann doch noch gut an, wir durften am Brauttisch sitzen, bekamen wunderbares Essen und Sascha hielt eine sehr schöne Rede darüber, dass er vor 3,5 Jahren vor der Ausreise nach New York heulend auf seinem Koffer saß und sich Gedanken darüber machte, was die Zukunft wohl bringen möge und heute - 3,5 Jahre später habe er seine wunderbare Frau und 30 Amerikaner im Schlepptau (das sorgte für großes Gelächter). Dass er sehr dankbar ist für seine großartige Familie und dafür, dass er eine zweite dazu gewonnen habe.
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Anschließend gab es dann noch verschiedene Spielchen, Tanzen, Brautstraußwerfen, Schleiertanz usw.
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Es war nur noch ein einziges Mal Standfestigkeit gefragt. Nach Eröffnung des Mitternachtsbuffets (wir hatten ja lange nichts mehr gegessen) hatte Sascha für Jackie noch ein Geschenk. Sie darauf ganz keck: "Oh I love presents!" Er erklärte ihr dann, worum es sich handelt. Das Geschenk war eine Zeitkapsel. In diese Kapsel ist ein Datum eingraviert - der 3. November 2016. Während des Honeymoon schreiben beide jeweils einen Brief an den anderen, der dann am 3.11.2016 gelesen wird. Und dann ist da noch der 3. November in 25 Jahren eingraviert, an dem sie den Brief vom 10. Hochzeitstag zusammen mit ihren Kindern lesen können und dann gibt es da noch eine Gravur für den 50. Hochzeitstag. Dann werden sie die Kapsel öffnen und mit ihren Kindern und Enkeln die Briefe vom 25. Hochzeitstag lesen.
Und was tat ich?
Völlig erschöpft von einem Tag angefüllt mit Freude, Aufregung und Heulen bat ich meinen Mann: "Let's call it a night!" Das Brautpaar und die anderen Gäste hatten sich zu einer Polonäse zusammengefunden, ein sicheres Zeichen für uns aufzubrechen
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Bestätigten Gerüchten zufolge endete die Feier gegen 6.00 Uhr und die letzten Gäste (inklusive Brautpaar) wurden mit dem Traktor nachhause gebracht.
Wir haben am Samstagmorgen pünktlich um 11.00 Uhr im Gästehaus Lange das Zimmer geräumt und bis zu unserer Abfahrt gegen 12.00 Uhr war außer von Jim & Darcy sowie Jackies Onkel kein amerikanisches Lebenszeichen zu vernehmen.
Es waren wunderbare und aufregende Tage und wir waren froh, dass wir diese schöne Zeit miterleben durften. Durch die Unterbringung im Gästhaus Lange waren wir priviligiert und haben natürlich viel erlebt, was anderen Gästen so nicht möglich war.
Wir sagen DANKE für zwei schöne Feste, großartige Bewirtung, wunderbare und legendäre Gespräche (als z. B. jemand mich für meine tollen Deutsch-Kenntnisse lobte) und eine tolle Zeit.
Reagenzglas unter den Hahn, Knopf gedrückt und fertig sind minus 20° süffiges Braungesöff 
Auch für mich eine schöne Szene: Die wunderschöne Braut am Arm ihres Vaters 
ho ho ho... da war der erste Morgen am Mittwoch als wir noch bis 5.30 bei Reinkings in der Küche unseren Abschluß nicht finden konnten und dann aber doch um 10.00 schon wieder auf den Beinen waren weil wir ja den Jägerautomat nicht so einsam da draußen lassen konnten... 