Es geht nun also weiter mit dem fünften Tag. Irene war im Anflug!
Tag 5: Sa., 27. Aug.
Der heutige Tag sollte ganz anders verlaufen, als ich mir das vorher gedacht hatte.
Es ging auch schon gut los! Da ich im Laufe des Tages mit Regen rechnete und der Hurricane „Irene“ für die Nacht kommende angesagt wurde, habe ich am Abend zuvor den Radiowecker auf 05:30 AM gestellt. Nur zu dumm, dass die Putzfrau wohl an das Sendersuchrädchen gekommen sein muss. Es war jedenfalls so gut wie nichts zu hören und meine Augen öffneten sich erst kurz nach halb sieben. Ok, jetzt heißt es halt mal Gas geben und nicht trödeln! Um 07:00 AM sitze ich am Frühstückstisch im Speiseraum und eine Stunde später bin ich bereits im Central Park South. Das ist wirklich ein schönes fleckchen Erde.
Wie geplant nehme ich gegen 9:00 AM mein Rad am Laden der Central Park Bike Tours & Rentals entgegen. Die Räder sind nicht so gut wie die von Bike & Roll, aber sie erfüllen ihren Zweck und ich möchte ja auch nur ein wenig durch den Park cruisen. Da der Park heute für Autos gesperrt ist, nutzen jede Menge Jogger und Radfahrer die Straßen. Man muss wirklich aufpassen, dass man sich nicht in die Quere kommt. Ich fahre am Zoo vorbei bis zum JKO Reservoir um mich dann wieder Richtung Süden zum Delacorte Theater und Belvedere Castle zu bewegen. Gerade habe ich The Lake überquert, setzt gegen 11:00 AM ein Wahnsinnsregenguss ein. In nullkommanichts verwandeln sich die Wege in kleine Flüsse und der Baum, unter dem ich Schutz suche, hält die Tropfen nun auch nicht mehr ab. Zum Glück lässt der Regen etwas nach und ich mache einen weiteren Zwischenstopp am Dakota Building. Das Gebäude reißt mich nicht gerade vom Hocker, aber wenn man weiß, dass vor der Tür John Lennon erschossen wurde, macht es für mich schon Sinn, hier ein wenig zu verweilen. Weiter geht es an den Strawberry Fields und Heckscher Playground vorbei zurück zum Laden des Radverleihs. Um sich einen groben Überblick des Parks zu verschaffen, ist solch eine Radtour ganz sinnvoll. Die Details werde ich dann aber noch einmal zu Fuß erkunden.
Nun steht die USS Intrepid auf meinem Plan und ich bewege mich zum Columbus Circle um die Subway zur 42 St zu nehmen. Um genau 12:01 PM betrete ich den Bahnsteig und wundere mich, dass eine Bahn ganz langsam an mir vorbei fährt ohne anzuhalten. Schräg neben mir bringt sich ein Kameramann in Position. Wie sich gleich herausstellen soll, ist er von der New York Times und heißt Erik Olsen. „Was hälst du davon, dass wegen dem erwarteten Hurricane keine Züge mehr fahren sollen?“ Tja, was soll ich davon halten, denke ich mir und bin ganz entspannt, da das ja erst in 12 Stunden soweit sein soll. STOP! Irgendwas stimmt hier nicht! Im Fernsehen haben sie seit Tagen kein anderes Thema und auch davon berichtet, dass die Subway geschlossen wird. Oh nein!!!!!!!!!!!!! Das ist ab Noon, also ab JETZT! Erik ist bereits amüsiert und lässt mich von meinem Fauxpas in die Kamera berichten. Wie konnte ich das nur verwechseln, was mache ich denn jetzt, mir schießen zig Dinge in den Kopf. Nachdem ich mich wieder ein wenig gesammelt habe, kann das Interwiew weiter gehen und ich erzähle ihm von meinen Plänen, die ich nun alle zu Fuß angehen werde, aber nicht weiß, was mich aufgrund der Sturmwahnung noch so erwartet. Ein paar Sekunden hat er tatsächlich für seinen Bericht verwendet (ab 0:52).
http://video.nytimes.com/video/2011/08/ ... ene&st=cse
Gesagt, getan mache ich mich also auf den Weg. Zunächst einmal geht es ein wenig den Broadway runter. Dann entscheide ich mich rechts Richtung Hell’s Kitchen abzubiegen und zum Pier 86 zu laufen, wo die USS Intrepid liegt. Bereits von weitem sagt mir die fast menschenleere Promenade nichts Gutes. Tatsächlich hat der Flugzeugträger geschlossen und zwei Mitarbeiter erzählen mir, dass bereits Vorkehrungen für „Irene“ getroffen werden. Ich habe es mir ja eigentlich schon gedacht, wollte aber zumindest das Schiff sehen und in der Ecke war ich sowieso noch nicht. Nach einem Plausch mit zwei Touris von der Westküste und einem kurzen heftigen Regenschauer gehe ich via 42 St Richtung Times Square. Auf meinem Weg vorbei an vereinzelten verschlossenen Türen, in denen Schilder mit Hinweisen wegen „Irene“ (ich hasse sie inzwischen) hängen, mache ich mir ernsthafte Gedanken, was ich mit dem heutigen Tag noch anfangen soll. Das Wetter ist nicht stabil und man weiß auch nicht so genau, was da noch kommt. Also klappere ich ein paar Shops am Times Square ab und finde so die Ruhe für den Kauf einiger Mitbringsel. Der beste Shop ist meiner Meinung nach „Phantom of the Broadway“. Der „Grand Slam“ ist auch noch gut, hat aber bereits geschlossen.
Draußen ist es inzwischen wieder trockener geworden und ich entschließe mich den Broadway in Richtung Süden zu gehen. Vorbei an Macy’s (natürlich geschlossen) wechsele ich auf die Ave of the Americas und irgendwann Richtung Chelsea rüber auf die 7 Ave. Ein ganzes Stück die Straße runter entdecke ich dann auch zum ersten Mal einen dieser Läden, wo man ein Slice Pizza für 99 Cent bekommt. Für zwischendurch und auf die Hand ist das genau das Richtige, denke ich mir. Mit neuen Kräften erreiche ich dann auch schon bald den Washington Sq Park. Von dem Tor bin ich eher enttäuscht. Man sieht das so oft in Filmen und live ist es dann doch nicht gerade spektakulär, steht da etwas verloren rum. Trotzdem verweile ich einen Moment am Brunnen und gönne meinen Füßen eine kleine Erholungsphase. Weiter soll es nun aber nicht gehen. Ich muss schließlich noch zurück bis nach Queens.
Ich wandere also die 5 Ave hoch bis zum Flatiron Building, den Broadway entlang und dann wieder die Ave of the Americas bis zum Bryant Park. Von dort geht es dann die 42 St bis hinter Grand Central und schließlich die 3 Ave hoch bis zur 57 St. Es ist schon ein wenig gespentstisch, da die Straßen inzwischen wirklich leer sind und die dunklen Wolken so langsam die Oberhand gewinnen. Die 57 St biege ich nach rechts ab und lande dann endlich an der Queensboro Bridge. Ein Taxifahrer hatte mir ja gesagt, wenn ich auf Nummer Sicher gehen will, sollte ich gegen 07:00 PM an der Brücke sein. Andernfalls könnte sie bei zu heftigem Sturm gesperrt werden. Es ist noch nicht so spät und hier wollte ich sowieso mal rüber gehen, weiß zu diesem Zeitpunkt aber noch nicht, dass es nicht das einzige Mal sein wird. Der Weg über die Brücke zieht sich ganz schön und ungefähr auf Höhe von Roosevelt Island setzt dann auch wieder heftigerer Regen ein. Bislang hatte es nur ein wenig genieselt und es kam mir so vor, als sei der Regen bereits kurz vor meinen Klamotten schon wieder getrocknet. Ich strahle wohl eine gewisse Wärme aus. Jetzt wird es wirklich heftig und der Wind peitsch mir den Regen nur so gegen den Körper. Die müden Knochen müssen nun durchhalten und ich jogge den letzten Rest nach unten und erreiche dann endlich gegen 07:00 PM mein Hotel in Queens.
Es war irgendwie ein komischer Tag aber so wird man New York sicher nicht all zu oft erleben. Im Laufe des Tages waren immer weniger Menschen auf den Straßen und an Autos konnte man fast nur die Yellow Cabs entdecken.
Ab ca. 08:00 PM war es dann wirklich äußerst stürmisch und der Regen prasselte nur so auf die Erde. Ich fühlte mich im Hotel aber sicher und verfolgte die spannende Berichterstattung im Fernsehen.